Bei den aktuellen Höhenflügen der AFD versucht sich jeder Demokrat momentan in Erklärungsversuchen. Man kann dazu verschiedene Fragen stellen und beantworten. Manche sind hilfreicher, andere weniger.
Mir kamen heute folgende Fragen – inklusive versuchter Antworten – in den Sinn:
- Warum braucht es die AfD nicht und wie bringt man diese Erkenntnis unters Volk?
- Was kann die AfD besser als andere Parteien?
Es ist ja so: Die AFD erzählt ja jeden Tag (erfolgreich) ihren Anhängern, dass die Demokraten ein einheitlicher Block wäre, wo sich die Positionen überhaupt nicht unterscheiden und wer halbwegs AFD-affin ist, der glaubt das auch blind, der wird sich überhaupt nicht mehr dafür interessieren, wie es wirklich ist. Wie man solche Leute dann noch erreichen kann, weiß ich auch nicht. Aber das ist definitiv ein Problem: Die Leute lesen keine Programme, die Leute suchen keinerlei Kontakt zu den Parteien vor Ort. Die Lüge, dass sich die Parteien nicht voneinander unterscheiden würden, fällt darum auf sehr fruchtbaren Boden.
Und gleichzeitig ist Demokratie bei uns nunmal praktisch komplett ehrenamtlich organisiert und finanziell entsprechend äußerst beschissen ausgestattet, weil der Staat hier so gut wie nichts zuschießt, wie das bei anderen ehrenamtlichen Tätigkeiten meist der Fall ist, sodass man als kleiner Parteidödel auch keine ernsthafte Chance hat, auch nur ansatzweise genug Leute zu erreichen – wenn man nicht gerade bereit und in der Lage ist, privat tausende Euro zum Beispiel in einen Wahlkampf zu stecken, um seine Botschaften eben trotzdem rüberzubringen.
Eine Lösung hierfür wäre, die demokratischen Parteien vor Ort zu stärken. Ich sage das schon lange und bei jeder Gelegenheit, aber jeder, dem etwas an der Demokratie liegt, sollte sich dringend überlegen, ob er nicht hin und wieder ein paar Euro an die demokratische Partei vor Ort (wichtig: Nicht an die Zentralen in Berlin oder so!) spendet – und sei es auch nur ein Fünfziger im Jahr. Besser wäre natürlich noch, sich richtig selbst zu engagieren.
Denn – und da sind wir bei der Frage „Was kann die AfD besser als andere Parteien bzw. was kann sie nicht“ – die AFD hat eine regelrechte Armee aus willigen, tumben menschlichen Bots, die brav jeden Scheiß teilen, täglich, millionenfach, überall.
Gegen diesen Postingshit kann man nicht ankommen. Es hilft auch nicht, da mit Kommentaren drauf zu reagieren. Was hülfe, wären Fakten und die Darstellung der Realität. Und das in ähnlichem Umfang, wie es der Feind eben tätigt.
Aber da sind wir eben wieder beim Thema, dass Leute, die sich für Parteien begeistern, entweder rechtsextrem oder eine absolute Seltenheit sind.
Wer macht denn freiwillig Werbung für eine demokratische Partei, wenn er da nicht irgendwie selber mitmischt?
Seit über 20 Jahren engagiere ich mich parteipolitisch für unsere Demokratie. Die Male, dass mir dafür außerhalb der Partei jemand irgendwie dankt oder auch nur sich anerkennend äußert, kann ich an einer Hand abzählen. Während ich gleichzeitig mehrmals die Woche angefeindet werde oder mich für irgendwas, was sich Berlin ausdenkt, rechtfertigen soll.
Stehe ich drüber, passt schon und ich kenne es seit Teenagertagen einfach nicht anders. Aber trotzdem ist es so, dass wir hier eine gewaltige Schieflage haben: Der Rechtsextremismus hat viele Fans, die sich dafür täglich ins Zeug legen. Die liberale Demokratie hat außerhalb der Parteien hingegen höchstens Leute, die sie okay finden, aber die ansonsten rein gar nichts für sie zu tun bereit sind.
Wenn wir dieses Missverhältnis nicht korrigieren, geht das hier mächtig schief und die Anfänge erleben wir inzwischen schon viele Jahre.
Mein Appell: Besucht Eure Orts- und Kreisverbände, lernt die Leute kennen, die Demokratie vor Ort am Leben erhalten. Erkennt, wie verflucht wenige das tatsächlich sind und fangt endlich an, mitzuhelfen.